Die Sache mit der AfD – Demokratie pausieren ?

Bevor ich anfange muss ich leider (da es ja immer wieder Leute gibt, die gerne mal alles falsch verstehen wollen) erst einmal ein Statement abgeben:

Die AfD ist eine Dreckspartei, die nur aus Hetze und Fremdenfeindlichkeit besteht. Das ist meine Meinung.

Die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei und damit ein demokratisches Organ. Ja, man kann die Scheiße finden. Vielleicht muss man das sogar, aber trotzdem haben sie (solange sie nicht vom Verfassungsschutz verboten werden) alle Rechte, die alle anderen Parteien auch haben.

Dazu gehört: Sie dürfen sich treffen / versammeln und so weiter.

So, aber nun mal zum Thema:

Wenn man das verhindert, indem z.B. Mitglieder aufhält, bespuckt, angreift und ihrer Arbeit stört, dann handelt man antidemokratisch.

Nicht die AfD, sondern Ihr !

Ja, die AfD-Leute sind Scheiße. Alle. Aber eine Partei. Und nur weil Ihr inhaltlich nicht denen übereinstimmt, habt Ihr nicht das Recht gegen diese Leute vorzugehen.

Das gilt auch für Polizistinnen und Polizisten, die Körperverletzungen etc. nicht verfolgen, weil es gegen Mitglieder der AfD geht. Vielleicht wollen wir da den Kopf schütteln und hoffen, dass die AfD einfach aufgibt, weil sie zuviel Gegenwind haben. Aber wir können antidemokratische Gedanken nicht mit antidemokratischen Taten bekämpfen. Egal, wie Scheiße ich deren Meinung finde !

Inhaltlich denke ich, dass die AfD in drei Teile zu spalten ist:

Der harte Kern, der nicht selbst glaubt, was er da labert. Denen geht um Macht. Um das zu erreichen, nehmen diese Leute in Kauf (und fördern es), dass es allen Menschen in Deutschland Scheiße geht. Entsprechend eines historischen Vorbildes würden diese Leute das Land und Menschen in den Dreck fahren, um sich dann als Ritter aufzuspielen, der alle rettet. Ein bisschen wie die Bildzeitung als Partei. Statt „Alles für die Story und den Absatz“ heißt es bei der AfD „Alles für die Quote / Ergebniszahlen“. Und mit den ewigen Floskeln „gegen alles“ und „ja, das hat jetzt mal geklappt, aber zu spät / zu wenig“ kann man halt „Programm“ machen ohne wirklich einen Plan / ein Konzept zu haben.

Da Ganze hat ja durchaus Methode. Und eines sind die alle nicht: Dumm.

Dann gibt es die, die zur AfD, aber nicht zum inneren Kreis der Entscheider gehören. Die glauben die tumbe Propaganda tatsächlich. Die Ausländerfeindlichkeit und den inhaltlichen Nonsens, der uns alle retten soll.

Hier denke ich, dass es sich hier durch die Bank um Verlierer handelt. Verlierer im Sinne davon, dass diese Menschen etwas verloren haben. Von „Verlierern der Wende“ über „Verlierer in Schulbildung und Job“ bis hin zu „Verlierer in Beziehungen und zwischenmenschlichen Bereichen“.

Allen diesen Menschen steht der Frust ins Gesicht geschrieben, dass „weiß und deutsch“ eben doch nicht dafür ausreicht, um erfolgreich zu sein. Und auch nicht, um Frauen beim bloßen Anblick den Schlübber zu befeuchten.

Und dann die Wähler. Der unzufriedene Typ von Nebenan. Der „Das wird man ja doch mal sagen dürfen“-Typ. Der „Früher war alles besser.“-Typ. Der „Scheiß-Europa“- und „Scheiß-Ausländer“-Typ. „Die Regierung ist Scheiße.“, denken sie wahrscheinlich. Vom Protestwähler bis hin zur ideologischen Übereinstimmung ist hier m.E. alles zu finden. Letztendlich ist es Verdrossenheit. Politikverdrossenheit. Verdrossenheit der eigenen Unwichtigkeit. Verdrossenheit des eignen wirtschaftlichen „Elends“. Und da wird halt ein Feindbild gebraucht. Und das wird ja gerne von Parteien wie der AfD geliefert. Von Frust bis Dummheit ist bei den Wählern alles vertreten. Aber dafür kann man niemanden belangen. Meinungsfreiheit deckt auch Ignoranz oder Dummheit ab.

Ideologisch greift die AfD auf das simpelste Konstrukt zurück, was es gibt: „Wir gegen die“. Wie sinnfrei das Ganze ist, sieht man z.B. an mir. Ich bin Kind einer Einwandererfamilie und habe (meines Wissens nach) nicht ein „deutsches“ Gen im Leib. Mein Vorteil war, dass ich optisch irgendwie reingepasst habe. Meine Freundin ist in der dritten Generation deutsch, wird aber aufgrund ihrer dunklen Hautfarbe öfter so behandelt als wäre sie „gerade erst eingewandert“. „Grad vom Bananenkutter gekommen“, hat mal jemand zu ihr gesagt, als ich dabei war.

Bin ich jetzt „deutscher“ und mehr „wir“ als meine Freundin ? Macht das also überhaupt Sinn in solchen Bahnen zu denken ? Nein.

Finde ich die Meinung von der AfD-Beleg- und Wählerschaft also Scheiße ? Unbedingt.

Dürfen die sich also treffen und diskutieren und Parteiarbeit machen ? Unbedingt !

Wie ? Was ? Unbedingt ? Moment mal ? Spinne ich ?

Nach allem, was ich da geschrieben habe ?

Spinne ich jetzt total ?

Wir sollen die AfD gewähren lassen ???

Die A F D ??

Warum zur Hölle denn ???

Dazu muss ich erst einmal ausholen.
Bin ich einer Meinung mit den AfD-Wählern ? Verdammt, nein. Wahrscheinlich nicht mal in einen kleinen Punkt. Bin ich trotzdem der Meinung, dass die ihrer Parteiarbeit nachgehen dürfen ? Ja.

Weil. Das. Demokratie. Ist.

Ich kann und darf nicht andere Meinungen unterdrücken, weil sie mir nicht passen, und mich dann Demokratin nennen.

Ja, Rassismus ist keine Meinung – schon klar. Aber das ist ein Fall für den Verfassungsschutz. Nicht für mich. Solange die Partei nicht verboten ist, ist sie ein Demokratie-Organ.

Auch, wenn ich die persönlich Scheiße finde !!

Und wenn die ihrer Parteiarbeit nachgehen, gehen sie demokratisch legitimierter Arbeit nach. Und das muss geschützt werden.

Weil. Das. Demokratie. Ist.

Ich kann doch nicht die Demokratie pausieren, nur weil mir die Inhalte von denen nicht passen !

Und wir tun der AfD ja leider auch noch einen Gefallen mit unserem Verhalten. Immer mehr Opferrolle für die „arme AfD“, die ja nur versuchen ihre demokratische Funktion wahrzunehmen.

Diskurs mit AfD-Sympathisanten gibt es zwar kaum (da die oft einfach auf ihren – sehr einfachen – Weltbild beharren), aber einfach kategorisch rauswerfen sollte man die trotzdem nicht.

Die haben ja sonst nur ihre Bubble, in der ihnen nur unter ihresgleichen der Popo getätschelt wird. Und alle anderen halt dumm oder doof sind. Oder Ausländerfreunde. Oder wasss-weiss-ich.

So passiert Radikalisierung.

Wisst Ihr, was wir machen sollten ?

Gar nichts.

Die AfD wird – wenn sie verfassungswidrig ist – verboten.

Ansonsten wird sie einfach untergehen, da sie keine Inhalte und keine Konzepte hat. Mit Fremdenhass und Zurschaustellung der eigenen Überlegenheit lässt sich kein Land regieren.

Die Demokratie hält eine Partei wie die AfD aus, ansonsten wäre sie ein ziemlich fragiles Konstrukt.

Auch auf der Bühne des Bundes- oder Landtags gilt: Don‘t feed the troll.

Über rotesuende

Mein Name ist Anna. Ich bin Anfang 30 und lebe ich in einer deutschen Großstadt. Ich bin 1,60 m klein und habe feuerrote Haare, grüne Augen und jeden Menge Sommersprossen.
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3 Antworten zu Die Sache mit der AfD – Demokratie pausieren ?

  1. Siegfried Prommer schreibt:

    Sehr gut auf den Punkt gebracht, danke dir!

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  2. ronin schreibt:

    „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“
    — Friedrich Nietzsche

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  3. monsieurquirit schreibt:

    Ich muss dir leider recht geben.

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